dresdenrap INTERVIEW: Soose über sein Instrumental-Album REGEN, die Beziehung zu Fleeesch und seiner Arbeitsweise als Beatmaker

Soose serviert am heutigen Tag, dem 29.01.2021, eine Langspielplatte mit 12 delikaten Beats, die mit dem Namen REGEN getauft wurde. Anlässlich des Releases hat sich dresdenrap in Textform mit ihm getroffen, um euch in Lockdown geprägten Zeiten heiße Ware wie ein Lieferdienst direkt ins Haus zu bringen. Da tropft nicht nur die Zunge, wenn Drums und Snares gepaart mit melancholischen Melodien wie Regentropfen eure Ohrmuscheln berieseln. Aber Achtung: Das hier ist kein Fastfood sondern bestens abgeschmeckt und nur für Gourmets geeignet!


"Ich hab grundlegend einfach Bock Musik zu machen und das ist denke ich auch das wichtigste."

dresdenrap: Soose, ein großer Teil der Dresdner Hip-Hop-Szene kennt dich unter der Hip-Hop-Kombo Fleeesch & Soose. Du bist jedoch auch auf Solo-Pfaden unterwegs und köchelst neben "Saucy Raps" auch "Saucy Beats", wie man deiner Instagram-Bio entnehmen kann.
Seit wann bist du als Wortakrobat und Beatmaker aktiv? Wie fing alles bei dir an und nahm bis heute seinen Lauf? Welchen Einfluss hat das allseits geschäzte Allround-Genie Fleeesch auf dein musikalisches Schaffen?

Soose: Als ich das erste mal irgendwas in die Richtung gemacht habe, war ich vielleicht 17 oder 18. Erste Gehversuche mit damals noch Fruity Loops und dazu schnell geschriebene alberne Texte mit Kumpels.
Dann gab's ne längere Pause in der kaum was entstanden ist, bis Fleeesch mich tatsächlich wieder angefixt hat. Das muss so 2015 gewesen sein. Seitdem eigentlich konstantes Schaffen.
Fleeesch und ich teilen Präferenzen was Sound angeht, sind auch recht ähnlich sozialisiert mit Rap und ich schätze deswegen passt das gut. Außerdem ist er natürlich Ansprechpartner Nummer 1, wenn's um irgendwelche (sound)technischen Belange oder Feedback geht.
Shoutouts gehen raus an Grandmaster Fleeesch!

dresdenrap: Mittlerweile sind die Möglichkeiten in den eigenen vier Wänden Beats zu produzieren schier unbegrenzt. Wofür früher noch jede Menge Hardware nötig war, regelt heutzutage hoch ausgereifte Software mit unzähligen Plugins. Beides hat absolute Daseinberechtigung. Software kann nicht alles, Hardware aber auch nicht.
Mit welcher Hardware und Software arbeitest du? Was ist für dich wichtig, wenn du deiner Kreativität freien Lauf lassen möchtest? Welche Bedingungen müssen neben den technischen Aspekten gegeben sein?

Soose: Was Beats angeht arbeite ich schon immer mit FL Studio. Hardwaretechnisch nur der ein oder andere Controller/MIDI-Keyboard. Für mich ist zum einen wichtig schnell umsetzen zu können was mir in den Kopf kommt und zum anderen den Freiraum zu haben zu experimentieren.
Gerade was schnelles Arbeiten angeht, ist das nach den Jahren und der Erfahrung mit FL Studio gut machbar. Was Beats angeht gibt es weniger Bedingungen die erfüllt sein müssen, das wichtigste ist einfach anzufangen.

dresdenrap: In der heutigen Zeit ist es leider nicht mehr üblich, dass neben dem eigentlichen Song auch das dazugehörige Instrumental veröffentlich wird. Früher war das Standard auf jeder Maxi-CD und Vinyl inklusive Accapella. REGEN ist eine reine Instrumental-Platte. Wenn man so will ist das eine Seltenheit.
Wie bist du zu dieser Entscheidung gekommen? Wie entstand der Titel der Platte? Welchen emotionalen bzw. persönlichen Stellenwert haben die 12 Tracks für dich?

Soose: Es gibt da draußen eine ganze Menge an Instrumentalalben oder Beattapes wenn man so will. Mir gefällt der Gedanke in einem Genre welches viel von Lyrics lebt, genau den Baustein weitestgehend zu entfernen und dafür die Musik sprechen zu lassen.
Von daher ist die Idee eine reine Instrumentalplatte zu veröffentlichen keine neue für mich. Konkret wurde es als ich in relativ kurzem Zeitraum einige Beatskizzen gebastelt hatte, die für mich stimmungstechnisch sehr gut zusammen passten und im Verbund Sinn machten.
Ich habe dann angefangen die Skizzen zu verfeinern und noch weitere hinzugefügt. Später hab ich dann versucht herauszufinden was die Instrumentals verbindet und für mich war das Regen. Genauer kann ich das auch nicht erklären, aber ich fand das als Titel dann sehr passend.
Ich bin sehr zufrieden mit den 12 Tracks und dem Album an sich und freue mich das jetzt als erste Solo-Veröffentlichung rausbringen zu können und das ein oder andere Feedback zu bekommen.

"Melancholisch, düster, hoffnungsvoll."

dresdenrap: Die Handschrift deiner Beats ist unverkennbar. Du arbeitest gern mit Samples und knackigen Drums. Einen Soose-Beat hört man dank seines Wiedererkennungswertes heraus. Als Beatmaker verrät man ungern seine Sample-Quellen.
Auf welche Art und Weise beziehst du deine Samples? Welche Genres präferierst du? Spielst du selbst Melodien und Harmonien ein? Welchen Charakter besitzt REGEN?

Soose: Was Samples angeht präferiere ich nichts. Ich glaub das wichtigste ist einfach überall mal reinzuhören, es gibt Unmengen an super Musik die sich lohnt zu hören (und zu samplen).
Ich spiel auch selber Sachen ein, zwar weniger als ich gerne würde aber das kann ja alles noch kommen.
Den Charakter zu beschreiben fällt mir schwer. Regen ist ein Album voller boombapiger Instrumentals. Bisschen dreckig, bisschen rough, bisschen schön.

dresdenrap: Stell dir vor es ist ein verregneter Sonntagnachmittag. Graue Wolkendecke. Der Geruch von Regen breitet sich in deiner Nase aus. Du liegst gemütlich auf dem Sofa. Der Kaffee schmeckt doppelt so gut wie sonst. Du lauschst dem angenehmen Klang der Regentropfen, die sich an der Fensterscheibe auflösen und herunterperlen. Dich packt es und du gehst zum Ort der kreativen Sinne.
Wie gehst du vor, um einen Beat zu schustern? Zuerst Samples? Zuerst Drumset? Dann die Bassline? Eine Melodie passend zur Stimmung einspielen? Welches Tempo? Gibt es ein Schema F an dem du dich orientierst oder bist du eher ein chaotischer Freigeist?

Soose: Eigentlich immer Sample zuerst. Drums und Bassline kommen dann nachher dazu. Kann aber auch sein, dass ich später das ganze Sampling wieder umschmeiße. Kann schon mal passieren.
Die meisten Beats siedeln sich irgendwo im 80er BPM-Bereich an. Gefällt mir wohl einfach am besten.
Ich hab schon so ein paar Vorgehensweisen die ich gerne und oft anwende, aber das ist nichts zu dem ich mich selber verpflichte. Wenn ich was anders machen will, dann mach ich's.

Hörprobe "Sintflut"

dresdenrap: Anhand der Hörproben und dem Cover von REGEN (Dicke Props an deinen Grafikkumpel Jérôme Werner!) wird schnell klar, welchen Sound und welche Vibes die Platte wiedergibt. Nicht nur Rapper nutzen Storytelling, auch Beats können Geschichten erzählen und besitzen oft soviele Details, dass man sie erst nach mehrmaligen Hören wahrnimmt.
Mit welchen drei Wörtern würdest du den Sound von REGEN beschreiben? Wann sollte der Hörer die Platte am besten hören? Auf welche Feinheiten sollte er beim Hören achten, auf die du als Beatmaker besonders Wert legst?

Soose: Melancholisch, düster, hoffnungsvoll. Oder so.
Ich glaube damit kann man gut durch Regentage kommen, aber ist auch ok wenn es jemand bei Sonnenschein hört. Für mich macht das keinen Unterschied, Hauptsache du hast eine gute Zeit wenn du das hörst.
Gerade weil's ein reines Instrumental-Release ist, liegt der Fokus schon auch darauf nicht einfach 12 klassische Rapbeats rauszubringen, sondern mehr auf Abwechslung zu achten und das Instrumental die Geschichten erzählen zu lassen.

Hörprobe "Gewitterwolken"

dresdenrap: Nach jedem Regen folgt Sonnenschein. Auf Sonnenschein folgt Vitamin D und das wiederum sorgt bekanntlich für gute Laune und Energie. Du bist aber auch ohne UV-Strahlen auf hiesigen Gigs, Cypher-Runden und Kaffeekränzchen ein stets gern gesehener Gast, Künstler und Kumpel, der Leistungsfähigkeit nicht vom Wetter abhängig macht.
Welche Projekte sind derzeit in Arbeit oder geplant? Wird es nachträglich eine Release-Party von REGEN geben, sobald es die Umstände wieder zulassen? Was treibt dich an und motiviert dich? Woher hast du deinen Fleiß?

Soose: Da gibt es einiges was in Arbeit oder geplant ist, aber alles zu seiner Zeit. Ich hab jedenfalls einige Eisen im Feuer mit einigen Künstlern hier aus Dresden, sowieso Solo und natürlich auch mit Fleeesch. Aber mehr gibt's da auch noch nicht zu sagen.
Eine Release-Party von REGEN wird es nicht geben, aber falls in ferner Zukunft wieder Veranstaltungen stattfinden können, spiel ich natürlich gerne mal ein Beatset oder so.
Ich hab grundlegend einfach Bock Musik zu machen und das ist denke ich auch das wichtigste. Wenn ich mich hinsetze und einen Beat baue und ich bin dann nachher halbwegs zufrieden damit oder hab was daraus gelernt, dann ist doch alles cool. Einfach machen.

Hörprobe "Petrichor"

dresdenrap: Danke, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Bleib weiterhin mit soviel Herz bei der Sache und vor allem gesund! Das abschließende Wort gehört dir.
Was möchtest du den Lesern und Hörern noch mitteilen und mit auf dem Weg geben?

Soose: Hört gerne mal in REGEN rein, würde mich freuen. Ansonsten bleibt gesund!


Linktree zum Album REGEN:
https://album.link/i/1548155291

Alle Informationen rund um Soose:
http://www.soose.info


RS, dresdenrap

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